Was kostet ein Estrichboden? Diese Frage klingt simpel, doch die Antwort ist komplex. Der Materialpreis im Baumarkt hat wenig mit den tatsächlichen Kosten eines fertigen Bodens zu tun. Zwischen dem Sack Zement für 6 Euro und einem polierten Sichtestrich für 150 Euro pro Quadratmeter liegen Welten – und genau diese Lücke führt bei vielen Bauherren zu bösen Überraschungen. In diesem Ratgeber schlüsseln wir jeden einzelnen Kostenfaktor transparent auf, damit Sie Angebote vergleichen und realistische Budgets planen können.
Die Kostenfalle verstehen
Der Begriff „Estrich Kosten“ ist irreführend, weil er verschiedene Leistungen vermischt. Wenn jemand sagt, Estrich koste 25 Euro pro Quadratmeter, meint er vermutlich einen einfachen Unterlagsestrich – roh und unsichtbar unter dem späteren Bodenbelag. Wer hingegen einen Sichtestrich als fertigen Designboden möchte, zahlt oft das Vierfache. Beide Varianten heißen „Estrich“, doch die Anforderungen und der Aufwand unterscheiden sich grundlegend.
Die wahren Kosten setzen sich aus vier Säulen zusammen: Material, Arbeitszeit (Verlegung), Energiekosten (Trocknung/Heizen) und Oberflächenbearbeitung. Erst wenn Sie alle Posten kennen, verstehen Sie, warum ein Angebot bei 28 Euro und das andere bei 140 Euro liegt.
Materialkosten im Überblick
Das Material macht je nach Estrichart zwischen 20 und 40 Prozent der Gesamtkosten aus. Die Preise variieren je nach Region und Bindemittel.
Zementestrich
Zementestrich (CT) ist der Klassiker. Er besteht aus Zement, Sand und Wasser. Das Rohmaterial kostet etwa 5 bis 10 Euro pro Quadratmeter bei Standarddicke. Achtung: Für hochwertigen Sichtestrich werden oft spezielle Schnellzemente oder Design-Bindemittel verwendet, um Risse zu minimieren und die Optik zu steuern. Hier steigt der Materialpreis schnell auf 15 bis 25 Euro pro Quadratmeter.

Calciumsulfatestrich
Calciumsulfatestrich (CA/Anhydrit) punktet mit guter Wärmeleitfähigkeit für Fußbodenheizungen. Materialkosten: 8 bis 14 Euro pro Quadratmeter. Nachteil: Er ist feuchteempfindlich und für Nassbereiche (z.B. bodengleiche Duschen) nur bedingt geeignet.
Sonderfall Gussasphalt: Mit 25–40 €/m² Materialkosten sehr teuer, aber er muss nicht trocknen und ist nach wenigen Stunden belegreif – ein enormer Zeitvorteil.
| Estrichart | Material Standard | Material Sichtestrich | Besonderheit |
|---|---|---|---|
| Zementestrich (CT) | 5–10 €/m² | 15–25 €/m² | Wasserfest, 4-6 Wochen Trocknung |
| Calciumsulfatestrich (CA) | 8–14 €/m² | 15–22 €/m² | Ideal bei Fußbodenheizung |
| Gussasphaltestrich | 25–40 €/m² | – | Keine Trocknungszeit, sofort belegbar |
| Kunstharzestrich | 40–80 €/m² | 80–120 €/m² | Extrem belastbar, Chemie-Basis |
Verlegekosten: Was der Handwerker berechnet
Die Verlegekosten setzen sich aus Arbeitszeit, Maschinenmiete (Estrichpumpe), Anfahrt und Rüstzeiten zusammen. Die reinen Arbeitskosten liegen meist zwischen 20 und 35 Euro pro Quadratmeter für den Einbau.
Preistreiber sind oft die Randbedingungen: Kleine Flächen unter 50 Quadratmetern haben hohe Pauschalen (Mindermengenzuschlag), da der Aufwand für Anfahrt und Aufbau der Pumpe identisch zu großen Flächen ist. Auch Arbeiten ab dem 3. Stock ohne Aufzug oder verwinkelte Grundrisse erhöhen den Quadratmeterpreis.

Der Weg zum Sichtestrich: Zusatzkosten
Ein Sichtestrich ist mehr als nur „Estrich ohne Belag“. Um eine wohnfertige Oberfläche zu erhalten, sind aufwendige Veredelungsschritte nötig.
Schleifen und Polieren
Der Boden wird in 3 bis 6 Durchgängen geschliffen. Das kostet Zeit und teure Diamantwerkzeuge. Kostenpunkt: 25 bis 50 Euro pro Quadratmeter. Soll der Boden poliert werden (Hochglanz), kommen weitere 15 bis 30 Euro hinzu. Wichtig: Die „wolkige“ Optik erfordert oft mehr handwerkliches Geschick bei der Glättung als ein Terrazzo-Schliff, bei dem tief heruntergeschliffen wird.
Versiegelung und Finish
Ohne Schutz zieht jeder Rotweintropfen in den Beton. Die Versiegelung kostet inklusive Material und Arbeitszeit 15 bis 40 Euro pro Quadratmeter. Hochwertige 2K-PU-Versiegelungen oder Öl-Wachs-Systeme sind teurer, halten aber deutlich länger als einfache Imprägnierungen.
| Arbeitsschritt | Kosten pro m² | Bemerkung |
|---|---|---|
| Schleifen (3–6 Durchgänge) | 25–50 € | Entscheidend für die Optik |
| Polieren | 15–30 € | Optional für Glanzgrad |
| Grundversiegelung | 15–25 € | Porenverschluss |
| Endversiegelung (Premium) | 25–40 € | Matt, Seidenmatt oder Glänzend |
Gesamtkostenrechnung: Drei Beispiele
Preise inkl. MwSt. für 80 m² Fläche im Neubau.
Beispiel 1: Unterlagsestrich (für Fliesen/Parkett)
- Material (Zement): 8 €/m²
- Verlegung & Glätten: 22 €/m²
- Randstreifen/Folie: 3 €/m²
- Gesamt: ca. 33 €/m² (zzgl. späterer Bodenbelag!)
Beispiel 2: Sichtestrich „Industrial“ (Matt)
Ein ehrlicher Betonboden mit sichtbaren Strukturen.
- Spezial-Material: 16 €/m²
- Verlegung (erhöhte Sorgfalt): 30 €/m²
- Schleifen (4 Gänge): 35 €/m²
- Versiegelung (Matt): 20 €/m²
- Gesamt: ca. 101 €/m²
Beispiel 3: Premium-Sichtestrich „Terrazzo“ (Hochglanz)
Maximale Veredelung mit freigelegtem Korn.
- Design-Material: 22 €/m²
- Verlegung: 35 €/m²
- Tiefenschliff & Polieren: 65 €/m²
- Premium-Versiegelung: 35 €/m²
- Gesamt: ca. 157 €/m²
Versteckte Kosten erkennen
Diese Kosten stehen oft nicht im Estrich-Angebot, landen aber auf Ihrer Rechnung:
1. Die Energiekosten-Falle (Funktionsheizen):
Bei Fußbodenheizung muss der Estrich „trockengeheizt“ werden. Dieses Funktionsheizen verbraucht enorm viel Energie. Bei aktuellen Strom-/Gaspreisen entstehen hier schnell 500 bis 1.500 Euro Zusatzkosten, die Sie an Ihren Energieversorger zahlen.
2. Bautrockner:
Um die Trocknung von 4–6 Wochen sicherzustellen, laufen oft Bautrockner. Miete plus Strom: ca. 200–500 € pro Woche.
3. Untergrundvorbereitung:
Muss der Rohboden vorher abgedichtet oder ausgeglichen werden? Kosten: 10–25 €/m².
- Ist die Dämmung (Trittschall/Wärme) enthalten?
- Sind Dehnungsfugenprofile inkludiert?
- Wer übernimmt die Restfeuchtemessung (CM-Messung)?
- Sind Baustellenstrom und Wasser bauseits vorhanden?
Sparpotenzial ohne Qualitätsverlust
Wer sparen will, sollte nicht am Material sparen (Rissgefahr!), sondern clever planen.
Größere Flächen: Fassen Sie Räume zusammen. Ab 100 m² sinkt der Einheitspreis oft um 10-15%.
Eigenleistung: Das Entfernen alter Beläge oder das Auslegen der Dämmung/Folie kann selbst erledigt werden (Absprache mit dem Estrichleger nötig!).
Design-Wahl: Ein „wolkiger“ Boden (weniger Schleifen) ist günstiger als ein Terrazzo-Boden. Fragen Sie nach der „Standard-Optik“ des Betriebs.
Saison: Im Winter (Januar/Februar) sind Auftragsbücher oft leerer – hier ist Verhandlungsspielraum.
Häufige Fragen zu Estrich Kosten
Was kostet Estrich komplett pro m²?
Welche Kosten kommen für die Trocknung dazu?
Ist Gussasphalt teurer als Zementestrich?
Warum ist Sichtestrich so teuer?
Lohnt sich Sichtestrich bei kleinen Flächen?
Fazit: Estrich ist mehr als nur „Zement und Wasser“. Wer die versteckten Kosten für Trocknung und Vorbereitung kennt, kann realistisch planen. Ein hochwertiger Sichtestrich kostet initial mehr, spart aber über Jahrzehnte Folgekosten für neue Bodenbeläge. Vergleichen Sie nicht nur den Endpreis, sondern den genauen Leistungsumfang.


